Wednesday, September 13, 2006

Es gibt Genreis, Baby
von Wiebke Rögener Financial Times Deutschland

Weil in konventionellem Reis aus den USA genmanipulierte Körner gefunden wurden, hat die EU die Einfuhr gestoppt. Wie es zur Kontamination mit Gentech-Material kam - darüber schweigt der Verursacher.
Gentechnisch veränderte Reiskörner der Sorte LLRice 601, die nie zugelassen oder kommerziell angebaut wurde, sind in den USA in Containern mit vermeintlich gentechnikfreiem Reis aufgetaucht. Die Europäische Gemeinschaft hat deshalb umgehend die Einfuhr von US-Langkornreis gestoppt. Nur Ware, die von einem anerkannten Labor mit genehmigten Methoden getestet wurde, darf in die EU gelangen. Bisher wurden rund 20.000 Tonnen Langkornreis pro Monat aus den USA importiert. Ein halbes Jahr soll die Notfallmaßnahme zunächst gelten.
Entdeckt wurde die Verunreinigung vom Hersteller des Gentech-Produkts selbst: Bayer Cropscience testete neue Nachweisverfahren für eine andere genmanipulierte Sorte. Am 31. Juli informierte Bayer das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) und die Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA). Erst zweieinhalb Wochen später, am 18. August, setzte der US-Landwirtschaftsminister Mike Johanns die EU-Kommission in Kenntnis. Bevor er die Öffentlichkeit informierte, wollte Johanns laut eigener Aussage mehr Informationen sammeln.
"Agronomische Performance" unbefriedigend
Schon 2001 hatte Bayer Feldversuche mit dem Gentech-Reis LLRice 601 beendet. Die Pflanzen waren zwar, wie gewünscht, widerstandsfähig gegen Unkrautvernichtungsmittel. Doch die "agronomische Performance" sei unbefriedigend gewesen, erläutert die Unternehmenssprecherin Annette Josten.
Die Gentechnik sei eine "präzise und vorhersehbare Methode, um neue Eigenschaften in Pflanzen einzuführen", erläutert das USDA in einer Stellungnahme zur unverhofften Wiederbegegnung mit LLRice 601. Doch an präzisen Erklärungen dafür, wie die Gentech-Körner in den konventionellen Reis gerieten, mangelt es. Die Firma Bayer möchte sich zu dieser Frage nicht äußern und verweist nur darauf, dass sie die US-Behörden bei der Suche nach den Quellen der Gentech-Verunreinigung unterstützt.
Denkbar sind zwei Wege, die zur Kontamination führten: Entweder gelangte Blütenstaub von LLRice 601 während der Feldversuche von 1998 bis 2001 auf konventionelle Reisfelder und befruchtete herkömmliche Reispflanzen. Oder Gentech-Körner wurden bei Transport und Verarbeitung beigemengt, obwohl der jetzt gefundene Reis nie im Handel war. Weniger wahrscheinlich sind Übertragungen durch Parasiten und Bodenbakterien. Bayer hat jetzt in den USA nachträglich die Zulassung von LLRice 601 beantragt.
Japan stoppt Einfuhr
Offizielle Angaben dazu, wie hoch die illegale Gentech-Beigabe im Reis ist, gibt es nicht. Sie sei "sehr gering", erklärt die Bayer-Sprecherin lediglich. Deutschen Importeuren wurde ein Gehalt von 0,06 Prozent genannt. Damit wären 6 von 10.000 Reiskörnern genmanipuliert - etwa 30 Körner in jeder Kilopackung Langkornreis. Die US-Landwirtschaftsbehörde und die FDA versichern, dadurch seien weder Gesundheits- noch Umweltschäden zu erwarten. In den USA sind Gentech-Reissorten zugelassen, die auf die gleiche Weise gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht wurden. All diese Pflanzen produzieren das Enzym Phosphinothricin-Acetyl-Transferase. Es macht Pflanzen widerstandsfähig gegen das Herbizid Glufosinat. In der EU jedoch ist Genreis verboten.
Japan, der bedeutendste Abnehmer für US-Reis, hat inzwischen alle Importe von Langkorn-Reis aus den USA gestoppt. Die EU führt jährlich etwa 300.000 Tonnen Reis (davon zirka 240.000 Tonnen Langkorn) im Wert von 70 Mio. Euro aus den USA ein. Sie ist damit der zweitgrößte Abnehmer.
Gentech-Verunreinigung
Blütenstaub von LLRice 601, der während der Feldversuche von 1998 bis 2001 auf konventionelle Reisfelder und befruchtete herkömmliche Reispflanzen geweht wurde, ist die wahrscheinlichste Erklärung. Die Fremdgene wären dann seit mindestens fünf Jahren unbemerkt in Umlauf.
Bei Transport und Verarbeitung könnten genmanipulierte Körner beigemengt worden sein. In Soja finden sich zum Beispiel häufig Beimengungen, Reste aus Containern und Maschinen. 70 Prozent der in den USA produzierten Nahrungsmittel enthalten gentechnisch veränderte Zutaten.

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