Spiegel für die Heuchler
China kontert Washingtons »Menschenrechtsreport« mit Bericht über die USA
Von Rainer Rupp
jungewelt /09.03.2007/Ausland/Seite 6
Der am 6. März vom US-Außenministerium veröffentliche »Menschenrechtsreport« hat auch dieses Jahr rund um die Welt Verärgerung ausgelöst, von Brasilien über Venezuela und Kuba bis hin nach Rußland, Indien und China. Während die Regierungen der meisten Länder sich mit Protesten begnügen, hält China seit einigen Jahren Washington mit einem eigenen Bericht über die Menschenrechtslage in den USA den Spiegel vor. Der jüngste Bericht, der am Donnerstag vom chinesischen Informationsbüro des Staatsrates herausgegeben wurde, hat erneut die selbsternannte oberste moralische Weltinstanz USA der Scheinheiligkeit überführt, weshalb er sich zunehmend internationaler Beliebtheit erfreut, selbst im bürgerlichen Lager. Trotz der schwerwiegenden Menschrechtsverstöße im eigenen Land und in Irak habe sich – so der Bericht einleitend – »das US-Außenministerium erneut als Weltmenschenrechtspolizei aufgespielt« und »mit dem Finger auf über 190 Länder gezeigt, einschließlich China«. Dabei bleibe die Menschenrechtssituation in den Vereinigten Staaten ausgespart. »Um den Völkern der Welt ein besseres Verständnis über die Lage in den USA zu vermitteln« und »um die Menschenrechte zu fördern« habe sich China entschlossen, diesen Bericht anzufertigen, heißt es weiter. Der umfangreiche, chinesische Report beleuchtet eine Reihe schwerwiegender Menschrechtsprobleme in den USA, u. a. die zunehmende Ausspitzelung der Privatsphäre der US-Bürger durch die 16 US-Geheimdienste, die mangelnde Demokratie im US-amerikanischen Alltag, Kinderarbeit, Rassismus, Mißhandlungen in zivilen US-Gefängnissen und die Diskriminierung der US-amerikanischen Frauen am Arbeitsplatz. Zugleich prangert der Report das Herrenmenschenauftreten der US-Besatzer in Irak an, die den massenhaften Tod irakischer Zivilisten bei sogenannten Sicherheitsoperationen billigend in Kauf nehmen. Als Quellenmaterial benutzt der Bericht hauptsächlich westliche Medienartikel, Statistiken der US-Regierung und Berichte von Menschenrechtsorganisationen. Die Vereinigten Staaten priesen sich selbst gerne als »Leuchtfeuer der Demokratie«, aber das US-System sei nur dem Namen nach eine Demokratie, denn dort zähle nur das Geld, heißt es in dem Bericht. Er bezieht sich in diesem Punkt auf eine Veröffentlichung des US-amerikanischen »Center for Responsive Politics« vom 29. Oktober 2006, wonach bei den US-Kongreßwahlen im Jahr 2004 nur die Kandidaten eine Chance hatten, gewählt zu werden, die zuvor mindestens eine Million US-Dollar Wahlspenden gesammelt hatten. So kostet ein Sitz im US-Senat durchschnittlich sieben Millionen Dollar. Für den Wahlkampf 2006 wurden insgesamt 2,4 Milliarden Dollars ausgegeben, was den bereits von Schriftsteller Greg Palast formulierten Schluß bestätigt, daß die USA »die beste Demokratie sind, die man sich für Geld kaufen kann«. Auch über die »schockierenden Ungerechtigkeiten« in US-Justizsystem wird berichtet, wie z. B. Menschen – in der Regel Arme – ohne faires Verfahren oder rechtskräftiges Urteil aus ihren Häusern geholt und ins Gefängnis geworfen werden. Dort – so der Bericht – erwarteten sie nicht selten Folter und Mißhandlungen, die laut UNO-Berichterstatter Manfred Nowak in US-Gefängnissen weit verbreitet sind. Der chinesische Bericht fordert »die US-Regierung dazu auf, ihre eigenen Menschenrechtsprobleme einzugestehen und damit aufzuhören, sich unter dem Vorwand der Menschenrechte in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen«.
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