Durch die Hintertür
Abkommen mit Sri Lanka sichert den USA verstärkte militärische Präsenz in Südasien und im Indischen Ozean
Von Hilmar König, Neu-Delhi
jungewelt/ 13.03.2007 / Ausland / Seite 7
Mit dem in der vorigen Woche in Colombo unterzeichneten sogenannten logistischen Abkommen (ACSA) verstärkt das Pentagon seine Militärpräsenz in Südasien und im Indischen Ozean. Auch wenn es die gegenseitige »Bereitstellung von Waffensystemen und Munition« ausdrücklich verbietet, läßt sich der Eindruck nicht verwischen, daß es sich bei ACSA um einen kaschierten Militärpakt handelt. Sozusagen durch die Hintertür haben die USA nun ihren Willen durchgesetzt. Colombo gab nach der Unterzeichnung keine eigene Erklärung ab, sondern überließ das dem Seniorpartner. Die US-Botschaft in Sri Lanka veröffentlichte eine Stellungnahme. Botschafter Robert Blake führte vor Journalisten aus, das Abkommen schaffe einen Rahmen für »verstärkte Kooperation im Verteidigungssektor«. Immerhin arbeitete das Pentagon über etliche Jahre daran, Sri Lanka den Pakt schmackhaft zu machen. Erst jetzt unter veränderten geostrategischen Bedingungen kam es zu dem Deal. Eine wichtige Voraussetzung dafür war offensichtlich, daß von Indien, das ja mit Washington seit einigen Jahren eine strategische Partnerschaft pflegt, diesmal kein Einspruch zu erwarten war. In guter Erinnerung ist, daß Neu-Delhi zu Zeiten des Kalten Krieges den USA unmißverständlich sein Mißfallen bekundete, als diese auf srilankischem Gebiet in den 1980er Jahren eine Filiale von »Voice of America« für Südasien eröffneten und in der östlichen Hafenstadt Trincomalee riesige Öltanks für die Versorgung ihrer Flotten mieteten. Der nächste große US-Stützpunkt in diesem Raum befindet sich auf dem Korallenatoll von Diego Garcia. Die indische Tageszeitung The Hindu vermutete in diesem Zusammenhang, daß ACSA ein Militärdeal zugunsten Washingtons ist – der »Erwerb eines Stützpunktes im Indischen Ozean zu geringen oder gar keinen Kosten«.Das Abkommen, zunächst zehn Jahre gültig, legt den Austausch und Transfer von logistischen Lieferungen, gegenseitige Unterstützung und Auftank-Dienstleistungen während »Peacekeeping« oder humanitären Operationen sowie bei gemeinsamen Manövern fest. Es soll den »Austausch von nichttödlichen Ausrüstungen« fördern. Erlaubte Güter und Dienstleistungen sind u. a. Nahrungsmittel, Treibstoff und Transport. The Hindu sieht hier beträchtlichen Spielraum für trickreiche politische Interpretationen und fragt: »Sind die USA in Irak und Afghanistan mit Peacekeeping-Operationen befaßt oder führen sie einen Krieg? Die Antwort hängt davon ab, wer wem diese Frage stellt.« Und es gebe unzählige Beispiele dafür, fährt das Blatt fort, daß Lebensmittel und Treibstoff als Waffen eingesetzt worden sind. Steven Mann, im Weißen Haus für Süd- und Mittelasien zuständig, bezeichnete dieser Tage bei einem Besuch in Colombo ACSA als Routine und ein »sehr bescheidenes Abkommen«. Er betonte, es ziele nicht darauf, die Rolle der USA bei der Regelung innerer Probleme Sri Lankas zu verstärken. Obwohl Washington die rebellischen Tamiltiger (LTTE) als »Terroristen« registriert habe und das militärische Vorgehen gegen diese für richtig halte, wünsche es eine friedliche Lösung des ethnischen Konflikts. Allein am vergangenen Wochenende wurden 20 Rebellen und 15 Soldaten bei Gefechten getötet. Bemerkenswert ist, daß ACSA genau zu dem Zeitpunkt unterzeichnungsreif wurde, da Sri Lankas Armee im Osten und Norden in die Offensive gegen die Tamiltiger gegangen ist.
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