Saturday, June 06, 2009

jungewelt.de
04.06.2009 / Ausland / Seite 2

Feiertag anläßlich des Sieges über die Befreiungstiger: Militärparade vor Raketenwerfern am Mittwoch in Colombo

Tamilen klagen UNO an

Zu einer schier endlos anmutenden Demonstration der militärischen Stärke gestaltet die srilankische Regierung nun seit über zwei Wochen Siegesfeiern über die tamilische Befreiungsbewegung ­LTTE. Als offiziellen »nationalen Feiertag« zeleberierte sie den gestrigen Mittwoch und ließ Tausende Soldaten in Colombo paradieren. Vor der Staats- und Armeeführung wurde auch schwere Artillerie gezeigt, die – trotz entgegengesetzter Beteuerungen des Militärs – während der Schlußoffensive gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam ebenso wie gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt worden war.

Am 29. Mai hatte die Londoner Times unter der Schlagzeile »Schlächterei in Sri Lanka« enthüllt, daß dabei allein in den ersten beiden Maiwochen insgesamt 20000 Menschen in der Kriegszone im Nordosten ums Leben kamen. Doch sollen die unvorstellbaren Greuel offensichtlich dauerhaft ignoriert werden. Am Mittwoch wies die srilankische Regierung erneut die international erhobene Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung mutmaßlicher Kriegsverbrechen zurück.

Insbesondere zu den Internierungslagern, in denen bis zu 300000 Menschen unter Militärbewachung eingepfercht sind, aber auch zu diversen tamilischen Regionen im Norden und Osten haben bis heute weder internationale Hilfsorganisationen noch Journalisten Zugang. Als einziger Beobachter bisher durfte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kurz eines der Dutzenden Lager aufsuchen. Er stellte im Anschluß fest, er habe »nirgendwo schlimmere Szenen gesehen«, doch blieb seine Äußerung ohne irgendwelche Folgen für die Betroffenen. Mittlerweile beschuldigen, so ARD-Korrespondentin Sandra Petersmann am Mittwoch, tamilische Exilgruppen die UNO sogar, »Statistiken mit Opferzahlen zurückzuhalten, um die srilankische Regierung zu decken«.

Präsident Mahinda Rajapakse gab unterdessen am Mittwoch in einer Fernsehansprache weitere Worthülsen von sich. Eine »neue Ära« sei für den Inselstaat im Indischen Ozean angebrochen. Er kündigte einen »Neuanfang in den internationalen Beziehungen« seines Landes an. Diese Beurteilung begründete er mit der Lüge, daß in der Vergangenheit »ausländische Regierungen von den Rebellen unter Druck gesetzt« worden seien: Tatsächlich jedoch gefährdete die tamilische Guerilla die von Colombo gewünschte störungsfreie Ausbeutung der Bodenschätze wie Öl und Titan im Interesse internationaler Unternehmen.

In seiner Ansprache wandte sich das srilankische Staatsoberhaupt – wie bereits bei der Präsentation des Leichnams von LTTE-Chef Velupillai Pra­bhakaran vor zwei Wochen – erneut an die tamilische Minderheit des Landes. Es sei jetzt an der Zeit, die »Herzen der Tamilen zu gewinnen«, sagte Rajapakse auf Tamilisch, der im öffentlichen Leben ansonsten geächteten Sprache. »Sie sollten ohne Angst und Mißtrauen leben können«, verkündete er. Unterdessen setzten die Militärs ihre Verhöre in den stacheldrahtumzäunten Lagern fort, »um abgetauchte Rebellen zu finden« (tagesschau.de).

http://www.jungewelt.de/2009/06-04/043.php
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